Abgelegt, erste Etappe!

Die erste Woche unserer Segelzeit ist schnell vergangen und nun finden wir Zeit euch ausführlich zu berichten. Wie geplant haben wir am Himmelfahrtstag die Tür zu Hause abgeschlossen und sind wieder nach Lemmer „gedüst“. Diesmal die 650 km ohne Stau schnell hinter uns gelassen und nach nur 6 Stunden Fahrzeit in Lemmer am Schiff angekommen. Das Auto war natürlich wieder voll bepackt und das Chaos mit Taschen und anderen Kram auf dem Schiff vorprogrammiert. Heiko hat schnell die „Flucht“ ergriffen 😉 und noch Gasflaschen für die Reise besorgt und Getränke eingekauft. In der Zwischenzeit hatte alles seinen Platz in den Schränken, Bilge und Backskisten gefunden. Am nächsten Tag kauften wir beim Skipperland (Yachtausrüster in Lemmer) noch Leinen, die auch noch getauscht werden sollen und im Jumbo (Supermarkt) frische Lebensmittel. Irgendwie waren wir schnell fertig mit unseren letzten Vorbereitungen und diesmal lies uns das Wetter nicht im Stich. Sonne! So konnten wir abends noch grillen und im Cockpit draußen essen.

Einen Tag früher als geplant, sollte es dann endlich losgehen. Am Samstag früh um 10.00 Uhr war es soweit. Leinen los! Zunächst durch die Schleuse am Prinses Magrietskanal. Wir hatten Glück und mussten an der Berufsschifffahrtsschleuse nicht warten. Ein großer Frachter vorweg und die Yachten wurden gleich mit geschleust. Sonne, aber dafür kein Wind – so die Wettervorhersage! Und was erwartet uns dann? Wer mit uns auf dem Ijsselmeer bei Windstille schon unterwegs war, kennt diese Plage! Sofort ist das ganze Schiff mit kleinen Fliegen besetzt. Die kommen wie aus dem Nichts. Das Deck war also mal sauber. Diese „Viecher“ sind dann überall und treten sich breit. In der Flaute sind wir bis Makkum unsere ersten 30 Meilen motort. Wieder einen schönen Liegeplatz gefunden, zum Abend kamen dann noch viele Plattbodenschiffe von den Inseln an unseren Steg. Gemütlich im Cockpit gegessen und die Abendstimmung genossen.

Am nächsten Tag klingelte der Wecker früh, ablegen um 7.30 Uhr. Mit der Schleuse in Kornwerderzand lassen wir das Ijsselmeer hinter uns. Mit dem Strom Richtung Harlingen segeln wir Anfangs nur mit der Genua, später noch das Großsegel mit dazu, kommen wir schnell voran. Ab dem Fahrwasser Harlingen Richtung Vlieland ist viel Verkehr. Plattbodenschiffe, (Schnell-)Fähren und viele Segler sind unterwegs. Zum Großteil kommen uns alle von den Inseln Vlieland und Terschelling entgehen. Klar es ist Sonntag und viele sind nach dem langen Wochenende auf der Rücktour zum Heimathafen. Aber warum ziehen fast alle Plattbodenschiffe Ruderboote hinter sich her, die Fähren transportieren keine Autos sondern auch Ruderboote? Wie wir später erfahren haben, fand am Wochenende das jährliche Roeirace Harlingen-Terschelling statt. Hier werden ca. 15 Meilen von Harlingen bis Terschelling rudernd zurückgelegt. An dem Event nehmen ca. 130 Ruderboote teil. Diese Ruderboote wurden in den Anfangszeiten zur Seenotrettung eingesetzt. Und jetzt mussten diese alle wieder zurück. Zwischenzeitlich zog sich der Himmel zu. Die Wolken regneten sich auf Texel ab, der Wind frischt bis zu 20 kn auf. Und so rauschen wir mit über 8 kn nach Vlieland. Insgesamt sind wir heute 27 sm unterwegs.

Der Hafen in Vlieland ist ungewohnt leer und so findet sich schnell ein schöner Liegeplatz am Fingersteg. Mit 37€ Hafengeld pro Nacht einer der teuren Häfen. Aber schön ist es hier. Einen Hafentag planen wir auf Vlieland ein, bevor es auf die Nordsee geht. Ein Spaziergang am Strand entlang mit Blick auf das Fahrwasser. Später hat sich der Hafen mit Plattbodenschiffe gefüllt.

Am Dienstag wagen wir uns dann auf die Nordsee. Leider haben wir seit Tagen Ostwind und genau in diese Richtung wollen wir. Vorhergesagt sind moderate 3-4 Windstärken, später noch weiter abnehmend. Wegen dem mitfließendem Strom müssen wir früh raus. 4.30 Uhr klingelt der Wecker! Mit uns legt noch ein Engländer ab. So sind wir nicht ganz alleine unterwegs. Später treffen wir uns in Lauwersoog wieder. Schnell das Großsegel gesetzt. Aber der Strom steht noch mit guten 2 kn gegen an und so legen wir den „Gashebel auf den Tisch“, um dem schnell zu entkommen. Der fantastische Sonnenaufgang entschädigt für alles! Ist sonst nicht unsere Zeit … einige Leute sitzen tatsächlich am Strand und lassen sich das Naturschauspiel auch nicht entgehen.

Später drehen wir Richtung Ameland ab und so läuft der Strom (ca. 2 kn) mit uns. Wir entscheiden uns für den direkten Weg und wollen nicht gegen den Wind die 60 sm kreuzen. Das Groß flattert auf diesem Kurs und wir holen es ein. Also weiter unter Motor. Eigentlich sehr schade, aber nicht zu ändern. Das Wetter der nächsten Tage wird nicht besser. Den Skipper überfällt die Müdigkeit. Ich bin wach und fit. Und da nichts los ist, legt sich Heiko schlafen. Ich ziehe vorbei am Leuchtturm von Ameland, viele Fischerboote sind unterwegs, später sichte ich die Bohrinseln und kurz vor der Ansteuerung des Fahrwasser Lauwersoog wecke ich Heiko. Da ist es schon 12.30 Uhr! Eine Robbe steckt noch ihren Kopf aus dem Wasser und guckt neugierig, wer da noch unterwegs ist. Der Wind hat weiter abgenommen, die See ist sehr ruhig. Bis hierher sind wir sehr schnell vorangekommen.

Mit Einfahrt in das Fahrwasser steht der Strom dann aber gegen an, teilweise mit 3 kn. Es geht langsam weiter. Später frischt der Wind noch etwas auf und wir können mit der Genua gemütlich Richtung Lauwersoog segeln. Für die letzten neun Seemeilen brauchen wir noch gut 3 Stunden. Nach 57 sm kommen wir in Lauwersoog an. Der Hafen ist fast leer. Es ist Niedrigwasser, aber laut Seekarte sollten 2,40 m Wassertiefe im Hafen stehen. Soweit alles gut. Mit dem Eindrehen in die erste Box stehe ich mit dem Festmacher schon auf dem Steg und es geht nicht weiter. Blick zu Heiko „sitzen wir etwa fest?“ oh sch… Die nächste Box weiter außerhalb. Das gleiche Spiel. Wir ziehen weiter. Längsseits wird für Boote über 15m Platz freigehalten. Dort sollte es doch tief genug sein! Aber auch hier wieder leichte Grundberührung. Immerhin nur im Schlick. Wir ziehen an dem Steg weiter vor. Das Wasser fällt noch weitere 20cm, aber es passt jetzt knapp. Wenig später kommt der Engländer aus Vlieland auch in den Hafen. Er sitzt mit seiner „Dufour 34“ auch fest. Wie wir später erfahren, hat er noch mehr Tiefgang (2,05 m) wie wir. Heiko eilt zur Hilfe und winkt ihn zu uns ins Päckchen. Da er Einhand unterwegs ist, freut er sich über eine helfende Hand. Nur der Hafenmeister hat kein Einsehen mit uns. Der Hafen ist leer, aber wir dürfen an dem Steg nicht liegen bleiben. Die nächsten Tage wird an diesem Steg kein Boot über 15m festmachen, aber wir müssen noch einmal ablegen. Wir sind k.o., aber was soll’s. Leinen also wieder los und an den zugewiesenen Platz vom Hafenmeister, der uns beim Anlegen noch hilft. Der Platz ist gut, mit dem Bug im Wind, aber bei Niedrigwasser sitzen wir auch hier leicht im Schlick. Warum wurde der Hafen nicht auch direkt in den Boxen ausgebaggert? So ist dieser zu 70% nicht für Schiffe unserer Größe nutzbar (zumindest wenn man bei Niedrigwasser in die Box ein- oder auslaufen möchte).

Für die nächsten zwei Tage ist viel Wind vorhergesagt. Wir bleiben also hier, ruhen uns aus. Der Fischereihafen ist recht groß mit viel Schiffsverkehr, was recht interessant ist. Der Wind frischt im Laufe des Nachmittages auf und weht uns in Spitzen mit 6-7 Windstärken um die Nase. Viel gibt es hier nicht zu erkunden. Aber es gibt leckeren Fisch zu kaufen. Der Mittagssnack ist gerettet. Später ein ausgiebiges Schläfchen und abends lassen wir uns im Restaurant „Waddengenot aan Zee“ verwöhnen. Für Heiko ein Topf Muscheln und ich bestelle mir Scholle.

Ein weiterer Hafentag steht an. Der Wind nimmt nicht ab und übertrifft die Vorhersagen auch mit mindestens einer Windstärke. Dazu kommt eine Welle von 2m. Wir sind vorsichtig und wagen uns erst am Samstag wieder auf die Nordsee. Dann sind 3-4 Bft angesagt. Und diesmal mit der vorhergesagten Richtung aus Nord mit einem Amwind-Kurs gut zu segeln. Wir werden die Zeit im Hafen nutzen. Wäsche waschen, den Dieseltank mit Kanistern auffüllen, neuen Diesel von der Tankstelle holen usw. Es ist halt jetzt „jeden Tag Samstag“. Nicht arbeiten müssen, aber zu tun ist immer irgendwas.

7 Gedanken zu “Abgelegt, erste Etappe!

  1. C+A 20. Mai 2018 / 12:37

    Wir „Surfer“ aus grauer Vorzeit sind infiziert. Hätten Lust, mit Euch auf der schönen Barones zu segeln. Geben uns aber zufrieden… denn Christiane, du schreibst uns ja so lebhaft, so dass wir uns noch ein bißchen mehr auf die „Blaue Flotte im Schwäbischen Meer“ freuen können… haha…

  2. Anonymous 17. Mai 2018 / 18:42

    Hallo Christiane, hallo Heiko, vielen Dank für die Möglichkeit euch im Blog zu begleiten und solch tolle Berichte lesen zu können…Sicherlich wird uns im laufe eurer diesjährigen Segelzeit so richtig der Zahn tropfen, ein kleines Trostpflaster haben Gabi und ich ja schon ganz hahe vorm Bug !!! Wir legen morgen erstmal zum Sardinientoern ab und werden uns wenigstens für eine Woche trösten können. Also für euch immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel und den richtigen Wind…Liebe Grüße Gabi und Bernd

  3. Alex 17. Mai 2018 / 18:28

    Bei eurem Bericht zum frühen Aufstehen habe ich auch schmunzeln müssen… ihr seid doch eher die genießenden Langschläfer 😉
    Bin schon gespannt was ihr noch so erlebt und freue mich auf die nächsten tollen Bilder.

  4. SY deBarones 17. Mai 2018 / 11:29

    Hi Oliver, ich freue mich auch schon auf die Ostsee. Das mit den Gezeiten hier ist nicht unser Ding. Aber der Sonnenaufgang war schon schön. Wenn wir am Samstag weiter Richtung Norderney ziehen, dann klingelt der Wecker schon wieder vor 6 Uhr ;-(. Liebe Grüße Christiane

  5. SY deBarones 17. Mai 2018 / 11:25

    Hallo Falk, vielen Dank. Ja das könnte vielleicht sogar passen. Wie lange bist du in der Lübecker Bucht? Liebe Grüße Christiane

  6. mykielwasser 17. Mai 2018 / 11:23

    Mensch Christiane, so früh habe ich Dich bei unseren Törns nie aus den Federn bekommen. 🙂
    Euch eine gute Fahrt, wir freuen uns über regelmäßige Berichte.
    Leider müssen wir noch knapp 60 Tage warten.
    LG Oliver

  7. Anonymous 17. Mai 2018 / 11:12

    Toller spannender Erstbericht! Bleibe auf der Lauer! Ich wünsche euch Gute Fahrt und Handbreit!!! Bin ab 28.5. in der Lübecker Bucht. Vielleicht klappt ja ein Treffen? Liebe Grüße Falk

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