Angekommen in der Ostsee!

Gestern haben sich die Schleusentore in Kiel-Holtenau für uns geöffnet und die Kieler Förde lag vor uns. Ich stand glücklich auf dem Vorschiff, bereit mit den Leinen zum Ablegen aus der Schleuse. Ostsee, da sind wir! Früher war das mein „Heimatrevier“. Mein Traum hier einmal für einige Monate zu segeln, erfüllt sich nun gemeinsam mit Heiko.  In 16 Tagen haben wir die erste große Etappe gemütlich gemeistert.

Der letzte Logbucheintrag stammt noch aus Lauwersoog. Wetterbedingt lagen wir dort 3 Tage im Hafen. Einige Segler warteten dort mit uns auf ein gutes Wetterfenster für die Überfahrt nach Norderney. So haben wir Angela und Klaus kennengelernt, die mit ihrer „TLALOC“ uns bis Helgoland noch begleiten sollten. Beide weit über 70 Jahre jung und sehr viel Reviererfahrung. Bei Kaffee und Kuchen auf der „de BARONES“ konnten wir noch den einen oder anderen Tipp für unsere weitere Reise erfahren. Mit dem Engländer Neil von der SY „Vela Fresca“ gemeinsam noch die Wetterdaten, Gezeiten und weitere mögliche Routen abgeglichen. Er hat sich schon einen Tag vor uns auf die Nordsee „getraut“ und später berichtet dass die Fahrt durch das Seegatt vor Lauwersoog „bad“ war. Wenn hier die alte Welle von den vorherigen starken Nordwestwinden auf das flache Gatt trifft, der Strom dann noch gegen an, wird es richtig kappelig auf dem Wasser. Uns treibt ja nichts –  also noch einen Tag abwarten, bis sich die Nordsee wieder beruhigt hat. In der Zwischenzeit haben wir unsere Dieselvorräte aufgefüllt und noch eine Gasflasche getauscht. Der Hafenmeister kam jeden Tag mindestens zweimal vorbei, erkundigte sich, ob alles in Ordnung sei und wir eine ruhige Nacht an dem zugewiesenen Liegeplatz hatten. Am dritten Tag verkündete er uns, dass wir nun noch einmal diesen Wechseln mussten. Entschuldigte sich für die Unannehmlichkeiten, aber das Schiff, welches da sonst liegt, kommt nun zurück. Also rutschten wir wieder weiter. Der dritte Liegeplatz in diesem Hafen.

Am Samstag (19. Mai) klingelte der Wecker wieder viel zu früh um kurz nach 5 Uhr. Kalt und feucht war es noch, also rein in die warmen Segelsachen. Mit uns haben weitere 4 Yachten Richtung Norderney abgelegt. Eine Stunde unter Motor Richtung Gatt Lauwersoog um dann auf die Nordsee zu kommen. Zeit zum Frühstücken unterwegs, viele Zugvögel unterwegs, die eine oder andere Robbe steckte neugierig ihr Köpfchen aus dem Wasser. Leider kam der wenige Wind dann schon wieder aus der falschen Richtung. Kreuzen macht bei der Strecke von ca. 50 Seemeilen kein Sinn, zumal wir mit auflaufendem Wasser in Norderney ankommen müssen. Also unter Motor weiter, der Strom schiebt mit. Eine schnelle Fahrt, die Nordsee wird immer ruhiger. Die Sonne kommt raus und wir damit aus unseren warmen Sachen. Der Wind frischt etwas auf mit 10 Knoten. Damit holen wir die Segel nun doch noch raus. Kaum dass wir mit 8kn Fahrt über Grund segeln, ist der erste Schweinswal auf unserer Reise da. Welch ein schöner Moment! Er bleibt recht lange an unser Seite und taucht immer wieder unter unserem Kiel, vor zum Bug.  Bald schläft der Wind leider wieder ein. Wir packen die Segel wieder ein.

Es ist Pfingstwochenende und die Inseln bei diesem traumhaften Wetter gut besucht. Wir haben Glück und ergattern noch einen freien Liegeplatz am Schwimmsteg. Der Hafenmeister bestätigt später, wir können bis Dienstag dort liegen bleiben. Wir kommen aus dem beschaulichen Lauwersoog, jeder Segler half da dem anderen beim An- und Ablegen, immer ein netter Schnack mit dem Hafenmeister. Kulturschock auf Norderney. Hier ist Party angesagt, das Publikum entsprechend. Die helfende Hand beim Anlegen sofort wieder weg. Ich hätte da noch eine Leine gehabt. Egal, selbst ist die Frau. Ungeduscht und in der „Segelkluft“ der Weg über dem Steg zum Hafenbüro. Gegrüßt wird hier kaum und viele laufen eher aufgestylt rum oder sitzen am Nachmittag mit dem ersten Bier im Cockpit. Wir schauen später dem Treiben im Hafen zu und der „Run“ auf die letzten Liegeplätze begann schnell. Am nächsten Tag hab ich dann mal mein Klappfahrrad ausgepackt und bin zum örtlichen Edeka und ein wenig durch den Ort geradelt. In Lauwersoog gab es keine Einkaufsmöglichkeiten und somit mussten die frischen Lebensmittel wieder aufgefüllt werden. Heiko hat in der Zwischenzeit den neuen Cockpittisch geölt.  Am nächsten Tag haben wir uns dann gemeinsam mit den Fahrrädern Richtung Leuchtturm aufgemacht. Nach erklimmen der 253 Stufen wurden wir mit einer tollen Aussicht belohnt. Weiter zur „Weißen Düne“; dort wollten wir uns stärken (ein Tipp von Ingrid). Aber an Pfingsten gibt’s keine Möglichkeit hier einen Platz zu bekommen und selbst wenn, die Bestellung hätte bestimmt ewig gedauert. Mit einem Notfall-Keks ging es dann weiter mit dem Fahrrad zu einer Aussichtsdüne und dann an der Promenade in den Ort zurück. Auch hier haben wir nix gefunden zum gemütlichen Einkehren. Also ab in die zweite Reihe. Und bei „da Sergio“ fanden wir endlich ein gemütliches Plätzchen. Das Lokal ist sehr zu empfehlen, freundliche Bedienung und alles sehr lecker.

Zurück im Hafen haben wir uns noch beim Hafenmeister erkundigt, was die empfohlene Abfahrtszeit wegen der Gezeiten nach Helgoland ist. Passt mit dem zusammen, was wir auch ermittelt haben. Eine Stunde vor Niedrigwasser wäre laut Hafenmeister auch alles noch tief genug (mind. 2,50m). Obwohl wir dann doch noch etwas früher los sind, saßen wir schon wieder im Schlick. Mittlerweile nicht mehr ganz ungewohnt. Das Ablegemanöver verlief daher ganz langsam. Draußen auf der Nordsee kam der Wind wieder von vorne. Zuerst parallel zum Verkehrstrennungsgebiet und ab der Tonne TG9 Richtung Norden weitere 15 Seemeilen bis nach Helgoland.

Reger Schiffsverkehr ist in Richtung Elbe unterwegs.  Und es war klar. Der Wind drehte bis dahin auf Nord. Also wieder nix mit Segeln. Unterwegs sind wir dann mit der SY „Atlantica“ Richtung Helgoland motort. Die beiden haben kurz vor uns in Norderney abgelegt und liegen mit ihrer Segelyacht auch in Lemmer. In Helgoland angekommen sind wir dann zusammen zu zwei anderen Booten ins Päckchen. Die „ALEXANDER von HUMBOLD II“ lag auch im Hafen.

Der Wind ist zwar immer noch recht kühl, aber so sonniges Wetter werden wir wohl auf unserem Rückweg nicht mehr haben. Daher bleiben wir 3 Tage auf Helgoland. Am nächsten Morgen bringt uns Kurt von der SY „Atlantica“ Brötchen mit. Das ist ja mal ein Service! Nach dem Frühstück müssen wir uns im Päckchen noch verholen, das innenliegende Motorboot möchte ablegen. Gegen Mittag machen wir uns dann auf zu einer Erkundungstour über die Insel. Einfach traumhaft. Ab 16 Uhr wird es dann auf der Insel wieder ruhig, da die Tagestouristen auf dem Heimweg sind. Wir genießen einen gemeinsamen Abend mit unseren Nachbarn von der SY „Atlantica“ bei leckerem Vino. Am nächsten Tag werden Brigitte und Kurt wieder Richtung Waddenzee ablegen. Wir werden die Düne (Nachbarinsel auf Helgoland) erkunden. Ganz begeistert sind wir von den vielen Robben am Strand.

Mittlerweile hat der Wind aus Ost aufgefrischt und es steht viel Schwell im Hafen. Wir genießen dennoch einen weiteren Hafentag. Bekommen neue „Nachbarn“ ins Päckchen. Die wollen auch am nächsten Morgen nach Cuxhafen ablegen. Früh, bis spätestens um 6 Uhr. Um 4.30 Uhr dann gepolter auf unserem Vorschiff der Nachbar holt das Stromkabel und die Landleinen ein und ist bereit zum Ablegen. Wir sind jedenfalls nun auch wach. Die Nacht war wieder einmal kurz. Also stehen wir auch auf und legen gegen 5.30 Uhr auch ab. Diesmal können wir die Segel schon im Vorhafen setzen. Segel und Kurs stehen gut. Ab nach Cuxhaven. Mich überfällt die Müdigkeit und da es gerade für mich nix zu tun gibt, lege ich mich noch einmal in die Achterkoje. Bereit um schnell aufzustehen, falls Heiko noch eine helfende Hand benötigt. Zwischendurch frischt der Wind auf etwa 20 kn auf. Das Groß wird etwas gefiert und weiter geht es. Wir sind schnell. Der Strom läuft wieder mit und so sind wir bald in der Ansteuerung der Elbe. Zur Querung des Fahrwassers bin ich ausgeruht. So peilen wir gemeinsam die schnell anrauschenden Frachtschiffe an und fahren hinter dem einen und noch vor dem anderen durch. Geschafft! Segeln eingeholt. Die Elbe aufwärts geht wieder nur unter Motor. Der Wind steht gegen an und zum Kreuzen sind wir einfach zu müde. Im Jachthafen Cuxhaven noch kurz an der Tankstelle vorbei. Es gibt auch hier wieder den biofreien Diesel. Wir tanken gut 60 Liter nach und legen gegen 11.30 Uhr gleich einen Steg weiter an. Heiko legt sich bald schlafen. Ich bin wieder fit und mache einen kurzen Spaziergang in die Stadt, vorbei am Stadthafen und dann noch ein kurzer Einkauf. Als ich später im Hafen ankomme bezahle ich noch schnell den Liegeplatz beim Hafenmeister und bekomme den Zugangscode zu den Duschen. Heiko hat zwischenzeitlich ausgeschlafen. Kleiner Snack am Nachmittag und später fallen dann meine Augen zu. Abends sitzen wir gemütlich im Cockpit und können von unserem Liegeplatz die Schiffe auf der Elbe vorbeiziehen sehen. Hier spüren wir zum ersten mal den Sommer und können abends lange im Cockpit sitzen. Auf Helgoland war es doch noch ganz schön kühl mit dem Wind.

Das Segeln in den Tidengewässern ist nicht unser Ding. Klar der Strom schiebt schnell, aber immer das frühe Aufstehen.  Du bist hier nicht wirklich frei in der Entscheidung loszufahren. Die Naturgewalten bestimmen deinen Törnplan gewaltig. Am nächsten Tag legen wir dann um 9.30 Uhr Richtung Brunsbüttel ab. Das sind ca. 15 Seemeilen und der Strom schiebt mit 2-3 Knoten mit. Endlich mal zu einer vernünftigen Ablegezeit! Wieder alles unter Motor, wie soll es anders sein, der Wind kommt von Osten. Überholt werden wir von vielen Frachtern und der englischen Marine. An der Schleuse zum NOK (Nord-Ostsee-Kanal) wird es dann spannend. Wo stehen jetzt die Signalmasten um uns freie Einfahrt zu gewähren? Wir warten eine halbe Stunde, dann leuchtet das weiße Gleichtaktfeuer. Vor uns ist noch ein Frachter eingefahren. Ein kleines Segelboot schleust noch mit uns. Der Skipper ist einhand unterwegs und hat unzählige Male den NOK schon passiert. Er gibt uns noch ein paar Hinweise. Noch müssen wir das Schraubenwasser des Frachters passieren. „de BARONES“ tänzelt da doch ganz schön, Heiko gibt beherzt Gas. Jetzt noch irgendwie festmachen. Von Bord auf die schwimmenden Ausleger springen, ist ganz schön tief. Muss irgendwie gehen und dann sind da keine Klampen zum Belegen, sondern nur Ringe. Aber funktioniert alles wunderbar. Wenige Minuten später öffnet sich das Schleusentor zum NOK. Der Skipper vor uns meinte noch:  „Die Sportboote legen zuerst (schnell) wieder ab und bloß nicht abwarten bis das Schleusentor richtig auf ist. Die Berufsschifffahrt will uns schnell los werden.“ Gesagt getan, das können wir auch. Und weg sind wir. Wir wollen heute dann noch bis zur Schleuse am Gieselaukanal fahren. Dort gibt es idyllische und ruhige Liegeplätze. Gegen 16.30 Uhr legen wir dort an und Heiko geht noch zum Schleusenwärter und bezahlt die Kanalpassage. Die kostet 18 Euro.  Wir packen am Abend noch den Grill aus und genießen diese Stille vor der Schleuse. Nachts der erste Regen und auch Gewitter.

Am nächsten Tag fahren wir die restlichen 60 Kilometer weiter bis zu Schleuse Kiel Holtenau. Vor uns ziehen wieder die Frachter vorbei. Die Landschaft rechts und links vom Kanal ist wirklich sehr schön.

Vor der Schleuse in Kiel-Holtenau müssen wir im Wartebereich festmachen. Ein holländisches Motorboot ist auch noch vor uns. Er wartet wohl schon etwas länger und fragt über Funk mal nach. Wir hören mit. „Da kommt die ‚Nordic Hamburg‘ “ ein 500ft großer Frachter, der fährt zuerst ein und wenn der festgemacht hat folgen die Sportboote.“ Wir gucken uns an. Na das wird ein Spaß, so ein riesiges Schiff mit uns in der Schleuse. Später hören wir noch im Funk, „ob die Nordic auch das Rückwärtsmanöver erfolgreich getestet hat“. Na besser ist das. Das Schleusentor ist gerade erst seit kurzer Zeit wieder einsatzfähig. Hier konnte ein Frachter nicht stoppen und fuhr mit Restgeschwindigkeit dagegen. Das Tor musste komplett ausgetauscht werden. Wir sehen nun den Frachter ankommen; er fährt langsam in die Schleuse und über den UKW Kanal hören wir die Sportboote sollen schon mal ablegen und langsam folgen. Dann gibt der Lotse von dem großen Frachter dem Schleusenwärter die Info, das die Schraube auf ein Minimum reduziert wurde und wir sollen vorbei ganz nach vorne an Steuerbord festmachen. Es ist kaum Schraubenwasser zu sehen, aber auch hier versetzt es uns wieder ganz gut. Festmachen dann wie einen Tag zuvor. Wir sind ja jetzt in Übung. Und da sind wir nun endlich in der Kieler Förde. Hier durften wir vor vielen Jahren mit Jochen auf einer Kogge zur Kieler Woche mit Segeln. Schöne Erinnerungen kommen wieder hoch. Noch 3 Seemeilen und dann sind wir im Yachthafen Laboe. Hier gönnen wir uns noch einen Hafentag, spazieren an der Promenade, Einkaufen, Wäsche waschen, Boot aufklaren usw.. Morgen geht es dann nun weiter bis nach Sonderborg. Ca. 30 Seemeilen mit halben Wind aus Ost.

3 Gedanken zu “Angekommen in der Ostsee!

  1. Marlies 31. Mai 2018 / 21:27

    Ihr Lieben,
    es ist so schön, mit euch auf diese Weise mitzureisen.
    Das Fernweh meldet sich leider unablässig.
    Bleibt gesund und guter Dinge.
    LG
    Marlies

  2. Hanno 31. Mai 2018 / 8:12

    Hallo ihr zwei,
    ich hoffe ihr seid gestern trotz des unberechenbaren Wetters hier in Schleswig-Holstein gut weitergekommen. Wir haben uns mit der Betriebssportgruppe in der Jolle auf die Lübecker Bucht getraut und hatten Glück: kein Gewitter und bestes Segelwetter.
    Schöne Grüße und Handbreit
    Hanno

  3. Dirk Reitz 30. Mai 2018 / 7:34

    Hallo ihr beiden,
    Ich verfolge euch mit Spannung und freue mich über jede Info von euch! Immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel!!
    LG Dirk

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